Bibliothek: Wie Coworking nur ruhiger

Die Bibliothek unterliegt ebenfalls dem Strukturwandel im Ruhrgebiet. Heute verwaltet sie nicht mehr nur Bücher. Sie ist ein Ort des Arbeitens geworden. Die Universitätsbibliothek erinnert daher stark an ein Coworking Space.

Die Uni-Bibliothek an der Ruhr Universität-Bochum erinnert mehr an ein Coworking Space als an eine klassische Bibliothek. Dass sie damit auf dem richtigen Weg ist, zeigen viele Beispiele im Ausland.

Ganz schön viel grauer Beton für eine Universität, denken viele, wenn sie zum ersten Mal den Campus der Ruhr Universität-Bochum betreten. Ihre zweckmäßige Architektur, die sich über den gesamten Campus konstant zieht, ist auf seine herausragende Bedeutung zurückzuführen: sie war einst die erste Universität in der Region.

 

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Mit dem “RUB” wollten die Gründungsväter den bereits absehbaren Niedergang von Industriezweigen in der Region entgegentreten, dessen Augenzeugen wir inzwischen sind. Mit der Ruhr Universität-Bochum haben die Gründungsväter eine Bildungsoffensive gegen den Strukturwandel gestartet. Im wahrsten Sinne des Wortes haben sie eine Beton-Lawine angestoßen. Heute blickt das Ruhrgebiet auf eine sehr dichte Bildungs- und Forschungslandschaft.

Leuchttürme des Wandels

Aus dem einstiegen Angst-Begriff “Wandel” wurde ein Kampf-Begriff. Interdisziplinäre Zusammenarbeit über Stadtgrenzen hinweg, Technologiezentren, Cluster-Initiativen, Ansiedlung von Weiterbildungseinrichtungen, Existenzgründung und Forschungsinstitute weisen auf eine dynamische Forschungs- und Wirtschaftsregion hin, die sich den Herausforderungen der Zukunft entgegenstellt.

Inmitten dieser vielfältigen Aktivitäten entdeckt man kleine Leuchttürme, die auf diesen Wandel hinweisen. Ein solches Beispiel stellt die Bibliothek der Ruhr Universität-Bochum dar. Auch dieser Ort der Ruhe und des Wissens unterliegt dem Strukturwandel: sie ist inzwischen mehr als Raum, in dem Bücher stehen.

Die Uni-Bibliothek der Ruhr Universität verwaltet nicht nur den Bücherbestand. Sie ist ein Ort des Lernens geworden. So stehen Studierenden unterschiedliche Arbeitsplätze zur Verfügung. Je nach Lernziel und Arbeitsbedarf wählen sie einen Arbeitsplatz aus. Wer beispielsweise konzentriert über den Büchern und sein Thema brüten will, der sucht sich einen freien Platz in der Lernlandschaft aus.

Einzel- und Gruppenarbeitsplätze, Schulungsräume inklusiv

Dafür stehen ihm 75 Einzel- und Gruppenarbeitsplätze zur Auswahl – mit Lounge-Sessel und Sofas. Internetzugang und zahlreiche Steckdosen sind selbstverständlich an geeigneten Stellen zu finden. “Grundsätzlich bitten wir Sie, sich in der neuen Lernlandschaft ruhig zu verhalten, nicht zu telefonieren und Rücksicht auf die anderen Lernenden zu nehmen”, heißt es auf der Website der Uni-Bibliothek.

Wer es noch ruhiger haben will, der geht in den Lesesaal. Hier stehen auf zwei Etagen verteilt 228 Einzelarbeitsplätze zur Verfügung. In den Gruppenarbeits- und Schulungsräumen steht das intensive lernen und diskutieren im Vordergrund. Die Räume sind mit unterschiedlichen Medien ausgestattet, die bei der Vermittlung und Dokumentation von Inhalten unterstützen.

Selbstverständlich gibt es im so genannten “Freihandbereich” auf vier Etagen jede Menge Bücher. Wer schwere Bücher nicht mitnehmen möchte, kann die benötigten Stellen kostenlos scannen und auf dem USB-Stick speichern. Die Studierenden können darüber hinaus eine Vielzahl der Bücher als E-Books oder elektronische Zeitschriften auch von zu Hause aus lesen und nutzen.

Beispiele aus Belgien, Niederlanden und den USA

Die Bibliothek der Ruhr Universität-Bochum erinnert an Coworking Spaces. Tim Schabsky ist Geschäftsführer von Work Inn GmbH und damit ein Anbieter von Coworking-Services. Er schmunzelt über diesen Vergleich. “Ich habe es schon viel früher gesagt: Coworking ist wie Bibliothek, nur eben etwas lauter”, führt er mit einem Lächeln an. So Unrecht hat er nicht.

Auf netzpiloten.de findet man den Artikel “Die Bibliothek erfindet sich als Ort der Arbeit neu”. Hier fassen Mitglieder des Berufsverbands Information Bibliothek e.V. ihre Eindrücke von einer Pressereise zusammen. Sie haben niederländische und belgische Bibliotheken besucht und dabei erstaunliche Erkenntnisse gewonnen. Die Bibliothek an der TU Delft beispielsweise betrachten ihren Arbeitsplatz als ein riesiges Coworking Space.

Als Beton-Berg begonnen

Ebenso interessant ist ein Interview auf der Website des Goethe Instituts. Uwe Nüstedt von der Stadtbibliothek Wolfsburg und Christian Cordes, Mitarbeiter eines Coworking Spaces diskutieren über Gemeinsamkeiten beider Arbeitsorte.

Im Artikel “Coworking: Bibliotheken werden Vermieter und Gründerzentren” stellt der Autor vor, wie die Bibliotheken in den USA und in Niederlanden sich verändert haben. “Zu unseren Kunden zählen auch Personen, die sich auf ihr nächstes Vorstellungsgespräch vorbereiten, Inhaber von Kleinunternehmen, die an ihrer Geschäftsstrategie arbeiten oder über eine Geschäftsneugründung nachdenken, und Schüler, die für ihre Schularbeit Zugang zu einem Mac-Computer und Adobe Creative Suite brauchen”, wird ein Mitarbeiter der Richland Library in Columbia zitiert. (pdf)

Dieser kleine Ausflug zeigt eindrucksvoll, welche spannenden Entwicklungen den Bibliotheken und Coworking Spaces im Ruhrgebiet noch bevorstehen. Daher ist es in Ordnung, wenn die Ruhr Universität-Bochum als ein Betonberg empfunden wird. Hauptsache sie befindet sich auf dem Zukunftspfad.    

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